Hörfunk-Bericht der ARD Shanghai Korrespondentin Astrid Freyeisen

ARD, 9.6.2008

Anmoderation:

Es begann als Nebenprodukt einer Fernsehreportage. Gisela Mahlmann, bekannt als Reporterin für ZDF und ARD, wollte über die Armut chinesischer Kinder berichten. Das war Mitte der 90er Jahre. Die Journalistin war erschüttert, daß der Wirtschaftsboom die Chancen der Kinder keineswegs verbessert hatte. Schule war für die Eltern oft unbezahlbar. Gisela Mahlmann beschloss, etwas zu tun. Sie gründete in Baden-Baden den Verein Hope. Seit 1996 hat Hope fast 1000 Kindern in China Schulbildung ermöglicht. Wie viele Schulprojekte es von deutscher Seite gibt, ist schwer zu sagen. Eins scheint jedoch klar: Hope Baden-Baden verfolgt ein Konzept, das erfolgreich ist.
Die Kinder in der Grundschule des Dorfes Shanjiapo sprechen ihrer Lehrerin die Namen der Feiertage nach. Gisela Mahlmann besucht diese Grundschule, weil sie sehen will, was aus der Hilfe ihres Vereins Hope Baden-Baden geworden ist.

O-Ton1

China hat damit begonnen, die Gebühren für die ersten neun Schuljahre abzuschaffen. Nicht aber die Gebühren für die Zeit danach, bis zum Mittelschulabschluss. Deshalb unterstützt Hope Baden-Baden nun Mittelschüler. Etwa im nahen Rizhao in der Provinz Shandong. Die Straßen dieser Stadt sind neu, viele so breit wie Autobahnen. Rizhao liegt am Meer und setzt auf Tourismus. Eine reiche Gegend? Nicht, wenn man von den großen Straßen in die Dörfer abbiegt. In einem wohnt die Mittelschülerin Hu Lili mit ihren Großeltern. Der Großvater leidet offenbar an Demenz, er ist in Lumpen gekleidet. Ich bin Analphabetin, als Kind musste ich betteln, sagt die Großmutter von Hu Lili:

O-Ton2:

Meine Enkelin hat als Sechsjährige ihren Vater verloren. Die Mutter heiratete neu und ging ohne ihre Tochter fort. Ich bin die Oma, ich habe das Mädchen erzogen. Sie geht gern in die Schule. Aber wir haben keine Äcker mehr. Wir haben gar nichts mehr. Ich wollte Lili verbieten, in die Schule zu gehen. Aber sie sagte: Oma, wenn du mich nicht in die Schule lässt, wofür lebe ich noch? Ich war erschrocken und besuchte die Lehrer. Einer sagte, meine Enkelin sei eine gute Schülerin. Aber Schule verbraucht so viel Geld: Sie muß mit dem Bus fahren, und das Wohnen im Schulinternat kostet. Ich habe von Verwandten und Nachbarn Geld geliehen.
Die Oma teilt mit der Enkelin das Bett, eins der wenigen Möbelstücke in dem kleinen Bauernhaus. Fließend Wasser, Toilette oder gar ein Badezimmer gibt es nicht. Hu Lili streichelt die Hand ihrer Großmutter. Das Mädchen hätte im kommenden Schuljahr umgerechnet knapp 150 Euro Schulgebühren zahlen müssen. Hope Baden-Baden übernimmt 140 Euro, wie bei 43 Mitschülern. Das Geld wird direkt an sie ausgezahlt. Lili weiß ganz genau, was sie will: Später einmal Ärztin werden:

O-Ton3:

Die Medizin in China ist noch nicht so gut entwickelt. Es gibt noch sehr viele Probleme, die zu lösen sind. Deshalb will ich wie viele meiner Mitschüler einen Beitrag für unser Land leisten.
Gisela Mahlmann hat Hu Lili spontan für den Hausbesuch ausgewählt. Sie kennt die Schüler nicht nur aus den Förderanträgen der Lehrer. Der Verein Hope verfolgt über Jahre, wie sich die unterstützten Kinder entwickeln. Vorträge und Reiseleitungen seien die Quellen der Spenden, sagt Gisela Mahlmann:

O-Ton4

Ein einziges Mal habe sie ein ungutes Gefühl bei einer zu fördernden Schule gehabt - von der habe sich Hope dann schnell getrennt. Für Sicherheit sorgen langjährige chinesische Freunde als Verbindung zu den Schulen. Vor allem der Shanghaier Wasserbauexperte Li Shushan. Er wirbt auch bei seinen Kollegen für Hope Baden-Baden.

O-Ton5

Astrid Freyeisen