Shandong Reise 2008

Bericht über die Inspektionsreise von Hopebaden-baden in der Provinz Shandong

1. - 6. Juni 2008 Gisela Mahlmann und Li Shushan

Hu Lili schreibt auf ihrem Hilfsantrag: „Als ich noch ganz klein war, ist mein Vater gestorben. Meine Mutter wurde neu verheiratet und zog weg, ich weiß nicht wo sie lebt. Um mich kümmert sich meine Oma väterlicherseits. Der Opa ist schon sehr alt und behindert, er braucht für alles Hilfe. Meine Oma hat kein Einkommen. Wir leben von der Hilfe der anderen Dorfbewohner“.

Wir haben Hu Lili im Juni 2008 in der Mittelschule Nr.1 in Rizhao kennen gelernt. Mit 29 anderen Mädchen lebt sie in einem Zimmer im Internat. Sie gehört zu den fünf Besten ihres Jahrgangs von 1000 Schülern der 10. Klassen. Wir sind mit ihr in ihr Dorf gefahren: Ihre Großeltern wohnen in einem kleinen Betonhaus mit zwei Räumen, zusammen 20 Quadratmeter. In einem Raum ist eine Kochstelle, ein Regal mit etwas Geschirr und ein Bett für den Großvater. Im anderen steht ein Bett mit Moskitonetz, dort schlafen Oma und Enkelin zusammen. Eine Truhe und ein winziger Tisch sind die ganze Möblierung. Die unverputzte Wand ist mit bunten Plakaten von der Armee beklebt; der Opa war früher Soldat. Im Hof ist eine Wasserstelle und etwas Gemüse angepflanzt. Die Großmutter weint, als sie erfährt, dass wir jetzt die Schulgebühren für Hu Lili übernehmen. Sie erzählt, sie wollte, dass die Enkelin nicht weiter zur Schule geht, weil sie nicht wusste, wie sie die Schulgebühren von umgerechnet 200 Euro pro Jahr bezahlen soll. Doch Hu Lili wollte immer lernen, denn sie kennt die Lebensgeschichte ihrer Großmutter, die als ungebildete junge Frau betteln gehen musste.

Hu Lili ist eine der Schülerinnen, die wir im Juni 2008 kennen gelernt haben und jetzt für den Besuch der Klassen 10-12 fördern.

 

Inspektionsreise im Juni 2008 in der Provinz Shandong:

 

Am 1.6. sind Gisela Mahlmann und Li Shushan von Shanghai nach Jinan geflogen. Herr Xue vom Wasserzweckverband Linqu, der sich seit 2001 selbstlos um „unsere“ Schüler kümmert, die Listen führt und uns auf extreme Notfälle aufmerksam macht... holte uns ab. 2,5 Std. Fahrt, - Mittagessen im Autobahn-Selbstbedienungsrestaurant - bis nach Linqu.

1.6. 2008 Besuch bei Gao Yujie unserem Sorgenkind im Dorf Gao Lou ca 8 km von Wuqing im Kreis Linqu entfernt. Gao Yujie haben wir seit 2003 für den Grundschulbesuch und den der unteren Mittelschule gefördert. Sie hatte zwei Jahre Schule versäumt, weil sie als 6-jährige Opfer eines schweren Unfalls war: Ein Traktor war in Flammen aufgegangen, sie verlor einen Unterschenkel, hat jetzt eine Prothese, und leidet noch immer unter den Narben der Verbrennungen. Wir hatten sie im Juni 2007 wieder gesehen und spontan kam die Idee auf, dem Mädchen eine Operation zu finanzieren, damit sie ihren linken Arm wieder bewegen kann, eine an ihre Größe angepasste Beinprothese bekommt und ihr entstelltes Gesicht chirurgisch verbessert wird. Da Hope sich nur um Bildung kümmert haben wir außerhalb unseres Vereins über 10 000 € für die Operationen gesammelt.

Yujie ist jetzt 16 Jahre alt und schließt gerade die erste Klasse der Unteren Mittelschule (Klasse 7) ab. Sie hat inzwischen alles aufgeholt und ist eine sehr gute Schülerin. Deshalb baten die Eltern, die Operation erst in den Sommerferien ab Mitte Juli machen zu lassen. Sie hat einen jüngeren Bruder, 10 Jahre, und lebt mit Eltern, einem Onkel und dessen Sohn in einem Haus mit zwei Räumen. Ihr Opa wohnt im gleichen Dorf ein paar Häuser entfernt. Das Haus mit ca 40 qm Wohnfläche hat der Vater in Eigenarbeit und mit Hilfe von Bauarbeitern 2007 aus Hohlblocksteinen gebaut und mit Ziegeln gedeckt. Die Materialkosten betrugen 6000.- Yuan, (600.-€) Der Fußboden ist eine Betonplatte. Heizung oder einen Ofen gibt es nicht, obwohl hier im Winter die Temperaturen unter 0 Grad fallen. Ein Wasseranschluss ist im Hof, eine Toilette gibt es nicht. In einem kleinen Küchenverschlag wird mit Maisstroh das Feuer fürs tägliche Essen gemacht wird. Familie Gao hat hinter dem Haus einen Entenstall: Ein 50 m langes und 12 m breites Ziegeldach auf Stützpfeilern, die Seitenwände bestehen aus Plastikplanen. Der Bau kostete 12 000 Y (1200 €). Hier mästet Herr Gao 3000 Enten für einen Großhändler. Küken und Futter werden angeliefert. Die Familie hat noch ein paar Obstbäume und einen winzigen Gemüsegarten. Der Jahres-Durchschnittsverdienst in dem Dorf beträgt 4000 Yuan (400 €) pro Kopf. Yu Jie fährt morgens zusammen mit drei anderen Kindern aus dem Dorf mit einer Motorrikscha in die Mittelschule in Wuqing. Mit ihrer inzwischen zu klein gewordenen Prothese, kann sie sich nur mühsam bewegen. Die Erstversorgung nach dem Unfall hatte zum Teil die Versicherung gezahlt. Die Prothese hat später der Behindertenverband des Kreises Linqu übernommen. Trotzdem haben die Eltern hohe Schulden für die anderen Behandlungen machen müssen. Yujie lässt immer die Haare über das Gesicht fallen, damit man ihre Entstellungen nicht sieht. In der Schule versteckt sie sich in der vorletzten Bank. Sie hat Freude am Kalligraphieunterricht und pinselt mit großer Geduld sehr schön Schriftzeichen an dem winzigen Tisch am Fenster. Gao Yujie wird mit dem, von uns außerhalb von Hope gesammelten, Geld von über 10 000 € operiert werden, um die linke Seite, die durch die Brandnarben unbeweglich geworden ist, wieder bewegen zu können. Sie wird eine neue Prothese bekommen und eine gesichtschirurgische Operation. Das alles soll in Weifang gemacht werden und der zweite Teil dann in Jinan, der Provinzhauptstadt. Herr Xue, unser Betreuer in diesem Kreis kümmert sich darum. Die Mutter wird mit ihr im Krankenhaus sein, denn Pflege und Verpflegung ist in chinesischen Krankenhäusern Sache der Angehörigen. Gao Yujie hat wieder Zuversicht.

2.6. Besuch der Unteren Mittelschule in Wuqing, einer Gemeinde im Armutskreis Linqu, an der wir bisher viele Kinder gefördert haben. Von 1006 Schülern leben 300 im Internat, im Winter 400. Die Internatskosten, ohne Essen, betragen jährlich 100 Yuan. Unterbringung in eingeschossigen Häusern, jeweils 30 Schüler in einem Raum in Stockbetten, keine Schränke, alle Habseligkeiten müssen in einem Beutel unter oder auf dem Bett verstaut werden. Im Hof gibt es zwischen je zwei Häusern für je 100 Kinder eine Wasserstelle. Die Schüler holen sich hier in Schüsseln das Waschwasser. Die Verpflegung wird meist von daheim mitgebracht, es gibt eine bescheidene Kantine in der Schule, wo Reis oder Fladenbrote angeboten werden.

Warum fördern wir hier noch Schüler der Klassen 7- 9, obwohl seit zwei Jahren bis zum 9. Schuljahr in China kein Schulgeld mehr bezahlt werden muss? Weil die Kosten für Bücher und Stifte jährlich 300 Yuan (30 €) betragen. Das können die ärmsten Eltern nicht aufbringen. Arm gilt, wenn das Familieneinkommen unter 5000 yuan (500 €) im Jahr liegt. Hope Baden-Baden übernimmt deshalb von den 89 Kindern aus diesen ärmsten Familien für 30 Kinder die Kosten von jährlich 300 Yuan. Für 13 Kinder übergaben wir gleich das Geld, 5700 Yuan an Schulleiter Yang Guangsheng. Die anderen 17 Kinder werden noch ausgewählt. Das Geld wird dann von Li Shushan überwiesen werden.

Abends werden wir vom Chef des Wasserbauamtes in Linqu, der unsere Arbeit immer unterstützt und Herrn Xue für uns ein Auto zur Verfügung stellt, zum Essen eingeladen. Linqu liegt am Rand des Yimeng-Gebirges, einer wasserarmen Region. Das Wasserbauamt hat hier in den letzten beiden Jahrzehnten Hunderte von Dörfern mit Trinkwasserreservoiren und Brunnen versorgt. Die Mitarbeiter des Wasserbauamtes kommen bei ihrer Arbeit in die entlegensten Dörfer, kennen die Nöte der Bauern. Wir von Hope Baden-Baden haben in ihnen selbstlose und verantwortliche Helfer.

3.6. Herr Xue lässt uns nach Wulian bringen, wo wir uns ab jetzt um Schüler der oberen Mittelschule kümmern wollen. An der Bezirksgrenze zum Bezirk Rizhao, in dem der Kreisort Wulian liegt, werden wir von einem Wagen des Jugendverbandes Rizhao abgeholt. Wulian-Stadt hat 60 -70 Tausend Einwohner, Wulian-Kreis 500 Tausend. 80% der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft. Sie bauen Erdnüsse, Tabak, Weizen, Mais und Süßkartoffeln an. Wulian ist als Armutskreis eingestuft. In der Stadt gibt es zwei Oberschulen (Klasse 10 -12) im Kreisgebiet noch 4 Oberschulen.

Wir sind an der Oberschule Nr. 3 in Wulian mit Direktor Ma verabredet. 400 Lehrer und 60 Verwaltungs- und Hilfskräfte kümmern sich hier um 3500 Oberschüler und 1300 untere Mittelschüler. Pro Jahrgang gibt es 20 Klassen mit je 50 Schülern! 3000 Schüler leben im Internat. 80% der Kinder kommen aus dem ländlichen Umfeld, 20% sind aus dem Kreisort Wulian, diese können bei ihren Eltern wohnen. Die Schule gilt als Schwerpunkt-Mittelschule der Provinz. 70% der Absolventen der 12. Klasse schaffen anschließend die Aufnahmeprüfung für eine Berufsfachschule oder eine Hochschule. Die Ausstattung der Schule ist relativ gut, z.B. gibt es insgesamt 360 Computer für den Unterricht. Die Internatsschüler können die Computer auch am Wochenende unter Aufsicht nutzen. Alle zwei Wochen muss jeder Schüler an körperlicher Arbeit teilnehmen, wie Putzen der Klassenzimmer, Pflegen des Gemüsegartens und der Baumschule. Hier werden Bäumchen gezogen, um den zweiten Schulcampus zu begrünen. Alle 14 Tage können die Internatsschüler heim in ihr Dorf fahren - wenn sie das Geld für eine Busfahrkarte haben. Ermäßigung für Schüler gibt es hier nicht. Auf dem Gelände ist ein großer Sportplatz, eine Kantine, ein kleiner Laden. Die Schul- und Internatsgebäude, vierstöckige Häuser teilweise mit Verbindungsbrücken, wurden vor elf Jahren gebaut. Aufmunterndes und Nachdenkliches ist auf kleinen Tafeln an den Wegen angebracht: Z.B. „ Fleißige Bienen haben keine Zeit zum Jammern“ oder „Das Leben ist wie eine Zwiebel. Du musst Schicht für Schicht aufmachen. Und es gibt immer eine Schicht, bei der Du Tränen vergießen musst.“

Die maximale Höhe der Schulgebühren werden für jeden Kreis von den Provinzbehörden festgelegt. Hier betragen sie 10 000 Yuan für die drei Jahre Oberstufe, von den ärmsten Familien werden 6000 verlangt. Diese Minderung wird nicht nur nach Bedürftigkeitskriterien gewährt, sondern nur, wenn das Kind auch zu den 5% der besten Schüler seines Jahrgangs gehört. Die armen Kinder stehen also unter besonders hohem Leistungsdruck. Die Schule sucht aktiv Sponsoren für die armen Kinder. So helfen ein örtliches Unternehmen und der Jugendverband insgesamt 200 Schülern mit je 1500 Yuan pro Jahr. Die Armutsgrenze in Wulian ist festgelegt auf 200 Yuan, (20 €) pro Kopf und Monat. Die Familien dieser Schüler bekommen jährlich noch 1000.- Yuan Unterstützung für den Lebensunterhalt.

Mit den Schulgebühren wurde hier ein zweiter Schulcampus im Westen der Stadt gebaut. Dafür hat die Schule 20 Millionen Yuan Schulden aufgenommen. Das mittlere Lehrereinkommen in Wulian beträgt jährlich zwanzigtausend Yuan, also 166 € im Monat. In den letzten drei Jahren haben mehr als 100 Lehrer die Schule verlassen und sind in andere Orte gegangen, wo sie ein höheres Gehalt bekommen. Das Grundgehalt zahlt der Staat, aber viele Schulen in reicheren Städten finanzieren mit den Schulgebühren noch einen Zuschuss für die Lehrer. Da es an Lehrern in China fehlt, können die sich aussuchen, wohin sie gehen. Seit 2005, so Direktor Ma, gibt es keine Staatsinvestitionen mehr für die Oberen Mittelschulen. Er begrüße zwar, dass die kostenfreie 9-jährige Schulpflicht im ganzen Land eingeführt wurde, aber kritisiert, dass es zu schnell gegangen sei, denn die Investitionen des Staates hinkten hinterher. Für einen Fehler hält er, dass die Oberen Mittelschulen (Klassen 10-12) keine Unterstützung mehr bekommen.

Der Bettplatz im Internat in Wulian kostet jährlich 300 Yuan. Je 16 Schüler wohnen in einem Zimmer. In einem dreistöckigen Gebäude sind insgesamt je 800 Schüler untergebracht. Auf jedem Stockwerk gibt es ein Bad mit Wasserhähnen über einer langen Rinne. Die Nebenkosten für Bücher, Hefte etc. betragen 1000 Yuan pro Jahr und die Heizungskosten noch weitere 150 Yuan. Dazu kommt noch das Essen in der Schulkantine von 150 – 200 Yuan im Monat.

Unsere Hilfe: Ich konnte mich mit den 30 von Hope Baden-Baden neu aufgenommenen Schülerinnen und Schülern von Wulian auf Englisch unterhalten, denn sie haben alle schon in der Unteren Mittelschule Englisch gelernt. Wir bezahlen in den nächsten drei Jahren jeweils 75% der Schulgebühr, also 1500 Yuan (150€) pro Schuljahr und Schüler.

Insgesamt 45 000 Yuan pro Schuljahr ( 4500€)

Lebensplan und Träume eines 16-jährigen Schülers in Wulian:

Aufgeschrieben für eine Umfrage in der Schule:
1. an einer Spitzenuniversität studieren
2. einen Brief an den Ministerpräsidenten schreiben
3. einmal in der Großen Halle des Volkes in Peking am Volkskongress teilnehmen
4. 1000 Bäume anpflanzen
5. Den Berg Taishan und die Große Mauer besteigen
6. die vier Klassiker lesen
7. mit der chinesischen Führung zusammentreffen
8. ein Auto kaufen
9. 1000 Bücher für arme Kinder spenden
10. Das Ausbreiten der Wüsten bekämpfen
11. einige Auszeichnungen beim Lernen erwerben
12. einer armen Schule helfen
13. einmal durch die Wüste wandern
14. 10 000 gebrauchte Batterien sammeln
15. 10 Artikel veröffentlichen
16. eine praktische Fähigkeit erlernen
17. meinen Eltern einen Markenanzug kaufen.

Was auffällt: Gerade die Kinder aus armen Familien, verfolgen die Entwicklung im Land sehr aufmerksam. Umweltschutz ist für sie ein wichtiges Thema, bei ihnen zuhause kann nichts was irgendwie noch nützlich sein könnte, weggeworfen werden. Die Bereitschaft sich aktiv einzumischen, Politiker zu treffen und ihre Nöte, die hier nicht näher beschrieben sind, vorzubringen, oder aktiv etwas für die Benachteiligten in der Gesellschaft zu tun, ist ausgeprägt. Das zeigt auch, dass an den Schulen allmählich eine Abkehr vom reinen Auswendiglernen zu mehr aktuellen Themen und Diskussionen stattfindet.

Am 4.6.2008 besuchten wir die Obere Mittelschule Nr.1 in der Bezirksstadt Rizhao.

Rizhao ist eine Bezirksstadt am Meer mit 300 000 Einwohnern. Zu dem Bezirk mit 2,8 Millionen Einwohnern gehören vier Kreise, darunter Wulian. Auch diese Schule mit 8000 Schülern ist auf zwei Schulgelände, eines im Osten, eines im Westen der Stadt aufgeteilt. Jährlich werden 2000 Schüler in die 10. Klassen aufgenommen. Die Hälfte davon stammt immer aus bedürftigen Familien. Die müssen nur 1600.-Yuan pro Jahr Schulgebühr bezahlen. (4800 Yuan für die drei Jahre Oberschule) Die anderen Schüler müssen zwischen 10 000 und 15 000 Yuan für die drei Jahre entrichten. Nach dem Notendurchschnitt bei der Aufnahmeprüfung für die Oberstufe werden die Schulgebühren festgelegt. Ein Schüler aus wohlhabendem Elternhaus mit sehr guten Noten zahlt auch weniger, mindestens aber 2000 pro Jahr. Ein mittelmäßiger Schüler aus wohlhabendem Elternhaus zahlt 5000 im Jahr. 15% der Schüler bekommen auf Grund der Noten jährlich eine Minderung der Gebühren. Bei sehr guten, armen Schülern kann die Gebühr eventuell ganz gestrichen werden. Das betrifft Kinder, deren Familien gar kein Einkommen haben.

Kosten für den Bettplatz: 70 – 200 Yuan pro Jahr ( 200 Yuan-Zimmer sind mit Heizung und Klimaanlage und mit nur 8 Schülern in einem Zimmer) Die Mensa wird von der Schule selbst unterhalten, monatliche Kosten für einfachstes Essen: 300 Yuan. Auch hier fallen 1000 Yuan pro Jahr für Bücher und Hefte etc. an.

Die Lehrkräfte werden vom Staat bezahlt, hier haben sie ein Durchschnittsgehalt von 3000 Yuan ( 300€) im Monat, die Schule zahlt dabei einen Zuschuss, um die guten Lehrer zu halten. Ansonsten werden die Schulgebühren in erster Linie für den Bau von neuen Schulräumen verwendet.

Die Schulen führen Listen über die Schüler, die die Aufnahmeprüfung an eine der Spitzenuniversitäten des Landes und einen Bachelor-abschluss dort geschafft haben. 1978 waren es vier Schüler, 1983 schafften es 75 und 2004 waren 1429 Schulabgänger bei der Universitätsaufnahmeprüfung erfolgreich.

Hope Baden-Baden hat hier 44 Schüler der untersten Armutsstufe in die Förderung aufgenommen - mit je 1500 Yuan pro Schuljahr. Das heißt die Familien müssen nur noch 100 Yuan Gebühr bezahlen, aber weiter Internats-, bücher- und Verpflegungskosten.

66 000 Yuan pro Schuljahr für 44 Schüler (6600 €)

Berufswünsche „unserer“ Kinder:

Ich habe mit allen 104 Kindern, die wir im Juni 2008 neu in unsere Förderung aufgenommen haben, gesprochen. Über ihre heimische Notsituation war ich schon durch die Antragsbögen, die sie alle selbst ausgefüllt hatten, informiert. Mich interessierte in den kurzen Gesprächen vor allem, was ihre Zukunftspläne oder -träume sind. China war gerade von dem Erdbeben in Sichuan mit über 70 000 Toten erschüttert, das eine riesige Hilfs- und Solidaritätswelle im ganzen Land ausgelöst hat. Da ist es kein Wunder, dass etliche der Jungen und Mädchen als Berufsziel Soldat oder Arzt in der Armee angaben, denn die Armee leistete die Hauptarbeit der Katastrophenhilfe und das war jeden Abend im Fernsehen zu sehen. Erfreulich finde ich, dass einige als Berufsziel Anwalt nannten und es begründeten, dass mehr für die Rechte der Armen und die Opfer von Umweltproblemen in China getan werden müsste. Auch Journalist wurde als Berufswunsch mehrfach genannt und klar dazu gesagt, man wolle für die ehrliche Berichterstattung eintreten, es würde in China zu oft etwas verheimlicht. Zwei unserer neuen Schüler wollen Politiker werden, mehrere Geschäftsleute, Lehrer oder Wissenschaftler.

Bei Schülern zuhause: Einige Schüler habe ich nicht nur in der Schule, sondern auch noch daheim besucht. Dann erst wird einem wirklich klar, warum Hilfe dringend nötig und unser Engagement hier richtig ist.

Zhang Jian ist ein hoch gewachsener Siebzehnjähriger in der 10. Klasse. Sein Gesichtsausdruck ist der eines Mittzwanzigers. Seine Familie lebte bis vor vier Jahren von der Seidenraupenzucht. Sie wohnt in einem kleinen Ziegelhaus mit zwei Räumen, auf der anderen Seite des Innenhofes stehen noch ein Schuppen und ein angebauter Verschlag. Zhang Jians Großmutter, eine 78 jährige verhutzelte Frau, füttert mit frischen Maulbeer-baumblättern gerade die Raupen, die auf Bambustabletts im Schuppen auf Stellagen liegen. Die meisten Tabletts aber sind leer. Zhang Jian führt uns ins Haus, sein Vater sitzt auf einem kleinen Hocker, reagiert nicht. Der Sohn erklärt: „ Als mein Vater noch gesund war, ging es uns gut. Er kümmerte sich um die Maulbeerbäume und holte die Blätter, meine Mutter versorgte unseren Gemüsegarten. Heute schafft sie selbst das kaum noch, denn mein Vater braucht ständige Betreuung. Er hatte einen schweren Unfall, doch auch nach vier Jahren Behandlung kann er sich kaum bewegen und gar nicht sprechen. Oma hilft, aber sie kann nicht Vaters Arbeitskraft ersetzen. Wir haben kein Einkommen mehr, nur Schulden.“

Fast alle „unserer“ Schüler sind Halbwaisen. Viele Familien sind hoch verschuldet, weil sie für die Krankenbehandlung eines Angehörigen alle Ersparnisse verbraucht haben. Eine allgemeine Krankenversicherung für die ländliche Bevölkerung ist erst im Aufbau.

An Yifei's Mutter ist selbst Lehrerin. Da muss man doch nicht helfen, sollte man denken. An Yifei schrieb "mein Vater war seit Jahren krank, die Behandlungskosten wuchsen immer schneller. 2006 kam er endlich in eine Klinik. Wir haben überall Geld geliehen, um die Kosten zu bezahlen. Meine Mutter hat deshalb auch unser kleines Haus verkauft. Trotzdem hat sich mein Vater für immer verabschiedet. Das hat einen Schatten auf unser Leben geworfen. Zu der Trauer kommt jetzt noch die Sorge, wie wir je die Schulden zurückzahlen können." Mutter und Tochter leben heute in zwei Räumen der Unteren Mittelschule in der Gemeinde. Die große Sitzgarnitur, die hier zusammengepfercht steht, zeugt noch davon, dass sie einst ein großzügigeres Haus bewohnt haben. Die Mutter bekommt nur ein Teilgehalt als Lehrerin, weil sie in den letzten Jahren, als der Vater krank war, nur Teilzeit arbeiten konnte. An Yifei wohnt in Rizhao im Internat. Auch für sie übernehmen wir die nächsten drei Jahre die Schulkosten. Sie will später studieren und Lehrerin werden.

Am 5.6. besuchten wir spontan noch die Grundschule in Shenjiapo. Dort hatte Hopebaden-baden 2001 einen Brunnen bohren lassen und ein Pumpenhaus gebaut, denn damals waren die Kinder ständig krank weil die Schule nur brackiges Wasser hatte. Hier hatten wir auch bis 2005 armen Grundschülern den Schulbesuch finanziert. Seitdem nun die ersten neun Schuljahre gebührenfrei sind, engagieren wir uns nur noch für die Schüler der Klassen 10-12. Erfreulich war, dass unser Brunnen immer noch funktioniert. Dass der chinesische Staat seit 2005 viel für die Verbesserung der Grundschulen tut, konnten wir hier sehen: Die einstöckigen Schulhäuser mit je zwei Klassenzimmern waren außen frisch gestrichen, zum Teil hatten sie neue Möbel. Der Hauptweg zwischen den Gebäuden war betoniert und vor den Eingangstüren zu den Klassenräumen war der Boden mit Ziegeln belegt. Bei Regenwetter muss keiner mehr durch den Lehmmatsch in die Schule. Die Kinder hatten fast alle Schuluniformen, die für 40 yuan (4 € ) gekauft werden kann.

Neues und Abschied von unseren Schulen für tibetische Nomadenkinder:

Ich habe Herrn Gai, der früher für die Erziehung im Kreis Zeku zuständig war und jetzt Leiter der politischen Konsultativkonferenz des autonomen tibetischen Kreises ist, in der Provinzhauptstadt Xining auf meiner privaten Reise in diese Region am 25. Mai 2008 getroffen. Zusammen mit Frau Huang vom Erziehungsbüro des Bezirks Huangnan, zu dem Zeku gehört, und dem Leiter der ersten Mittelschule berichtete er, dass innerhalb der letzten drei Jahre - wir waren im August 2005 zuletzt in Zeku – vier Mittelschulen im Kreis gebaut worden sind. Das Programm „Den Westen entwickeln“, das die chinesische Regierung nun seit Jahren intensiviert, hat hier den Schulbau finanziert. Es gehen jetzt 97 % aller Nomadenkinder in eine Grundschule (Klassen 1-6) und noch 34% in die untere Mittelschule (Klasse 7-9). Ein Problem ist, dass noch sehr viele Kinder den Besuch der unteren Mittelschule abbrechen. Die Eltern sehen keinen Sinn in einer längeren Schulzeit, weil es noch zu wenig Berufsausbildungsmöglichkeiten nach der Schule gibt.

Den Mittelschullehrer, den wir für ein Masterstudium in tibetischer Volksliteratur in den letzten drei Jahren unterstützt hatten, traf ich am 26. Mai 2008. Er bestätigte, dass jetzt sehr viele Staatsgelder in den Schulausbau fließen. Er hat seine Masterarbeit abgeschlossen und kehrt nun an die Mittelschule in Zeku zurück. Er wird neben Englisch künftig auch tibetische Literatur unterrichten. So haben wir dazu beigetragen, dass auch die nächste Generation der Nomaden die tibetische Volksliteratur und -kultur kennen lernen wird.

Hope Baden-Baden hat seit 1997 in Zeku sechs Zeltschulen und vier feste Zwergschulen (Klassen 1- 4) gespendet. Herr Gai sagte, das Ziel der Erziehungskommission sei es, die Kinder künftig auch in den Grundschulen in Internaten unterzubringen, damit sie mehr lernten. Die Zwergschulen mit je zwei Jahrgängen pro Klasse, zu denen die Kinder mit bis zu 1,5 Stunden Schulweg laufen konnten, sollen allmählich geschlossen oder zu größeren Schulen ausgebaut werden. Natürlich ist jede Hilfe weiterhin willkommen. Aber mein Eindruck ist, dass in Zeku die akute Bildungsnot behoben ist. Auch die staatlichen Statistiken über die Entwicklung in Zeku und die Erfahrungen anderer Hilfsorganisationen, die in Zeku auch Schulen gestiftet haben, (z.B. Swiss Friends of Qinghai) zeigen, dass Hilfe hier nicht mehr wirklich nötig ist.

In Abstimmung mit Gründungsmitgliedern unseres Vereins habe ich das Engagement von Hope Baden-Baden in Qinghai beendet.


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